Sonntag, 12. Mai 2013

Sklave oder Partner?

Hallo meine lieben Blog-Leser!
Nach längerem gibt es endlich mal was Neues zu berichten… und ein kleiner (wohl doch größerer) Auszug aus einer neuen Sichtweise von mir.

Gestern habe ich mich nach Jahren, wieder in den Sattel geschwungen!
Jap, in den Sattel eines Pferdes, und ein Westernsattel wohlgemerkt!
Im englischen Reitstil bin ich bereits bewandert (zwar nicht gut, aber es hat gereicht um es „reiten“ zu nennen), doch vor ein paar Jahren, war ich mit einer Arbeitskollegin auf der Painted Horse Ranch (ca. ne Stunde von mir) beim Westernreiten mit dabei und wir gingen damals gleich mal ins Gelände und nicht auf einen Reitplatz oder so.
Ich war sofort hin und weg von diesem Westernstil und habe mir selbst im geheimen gesagt: Wenn ich irgendwann wieder vermehrt anfange mich auf ein Pferd zu setzen… dann wird es im Westernstil sein.
Gestern, nach meiner ersten „richtigen“ Einheit im Westernreiten ist mir das nur noch klarer und auch die Gründe über das warum und wieso.
Im Grunde meine ich mit reinem Gewissen sagen zu können, dass ich in dieser einen Einheit gestern, mehr über Pferde und reiten, gelernt und gehört habe als alle 50+ Reitstunden im englischen Stil davor.
Wer beide Stile nicht ausprobiert hat, wird den immensen Unterschied zwischen den Stilen nicht erkennen können. Man muss es selbst gesehen, erlebt und gespürt haben!

Der Titel dieses Beitrags wird euch vermutlich etwas irritieren und ihr werdet den Sinn nicht ganz verstehen was das mit dem Reiten zu tun hat? Aber keine Sorge. Ich werde euch das jetzt mal kurz (und hoffentlich verständlich) ein wenig näher erklären.

Als ich damals zum Reitunterricht ging (englischer Stil, Dressur) hatte ich keine Ahnung das es wirklich so etwas wie eine „Qual“ für das Pferd ist. Es wird einem in diesem Stil glauben gemacht, das man solche „Hilfen“ (was schon erniedrigend klingt) anwenden muss um der Chef auf dem Pferd zu bleiben.
Das fängt beim putzen und satteln an und geht auf dem Reitplatz weiter. Allein schon wenn man das Pferd dazu bringt aus dem Stand in den Schritt zu kommen, greift man zu „Hilfen“ die auch dezenter gesetzt werden könnten damit das Pferd in Gang kommt. Vom Übergang in den Trapp, Galopp oder das Pferd über ein Hindernis zu jagen, ist da noch nicht mal die Rede. Pferde springen in ihrer natürlichen, freien Wildbahn nur wenn es unbedingt von Nöten ist, bevorzugt aber NIE.
Der englische Reitstil, Dressur…. Die „schöne“ Art zu reiten… die „Hohe Schule“…
Zugegeben: Alles schöne Worte, die sogar Kinder zum träumen bringen und ihnen das Hobby „Reiten“ noch zusätzlich nahe legt.
Aber ist all das, wirklich notwendig um auf einem Pferd zu reiten?
Meistens führt einem der Weg des englischen Reitstils in die Disziplinen der Dressurreiterei, Springreiten usw. Das Ziel des Stils ist zum Großteil „Erfolg“ und „Geld“.
Meistens auf die Kosten des Pferdes, denn bei mindestens 80% der Dressurreiter ist das Pferd einzig und allein ein „Sportgerät“ welches ersetzt wird, sobald es einen Zirkel nicht mehr rund läuft, oder eine Bahn nicht mehr Kerzengerade hinab schreitet.
Zusätzlich kommt hinzu, dass dieser Stil weitaus mehr ins finanzielle geht als alle anderen. Allein schon die Ausrüstung die man „angeblich“ unbedingt zum englischen Reiten braucht, kostet eine Menge. 
Alles Dinge, die nicht nötig sind um auf einem Pferd zu reiten.

Aber das, wird einem leider erst klar, wenn man auch die andere URSPRÜNGLICHE Art zu Reiten entdeckt hat und „erkennt“ was es bedeutet wirklich auf einem Pferd zu reiten.

Das Westernreiten.
Der Ursprung aller Reitarten und manche würden es nicht für möglich halten: Dieser Ursprung liegt in der Arbeit!
Richtig gelesen, „Arbeit“. Denkt dabei an die Cowboys in Amerika, wie sie ihre Viehherden zusammentreiben. ^-^
Jedenfalls bin ich nun quasi „geläutert“ worden. Vor Jahren, durch das Ausreiten, bin ich auf den Geschmack gekommen und durch meine erste Einheit gestern, bin ich diesem Stil zugewandt.
Der Westernstil, setzt nämlich an einer ganz anderen Stelle an als der englische. Wo der englische bei Erfolg ansetzt, beginnt dieser hier beim Pferd! Es ist die „Pferdfreundliche“ Art zu reiten. Mit Pferdesprache und „Zeichen“ die man dem Pferd vermittelt um es an die Stelle zu bringen wo man hin will. Da ist es egal ob das Pferd die Bahn wirklich gerade ausläuft oder ob es leicht hin und her schwankt. Die Antriebsarten allein schon sind bei diesem Stil, auch wenn er viel rustikaler und grober wirkt als der englische, um vieles sanfter und feinfühliger. Ein Zeichen genügt um es in Gang zu setzen, es ist nicht notwendig die ganze Zeit im Schritt dem Pferd die Fersen in den Bauch zu rammen.
Hier geht es um das „Zusammenspiel“ von Pferd und Reiter. Der Reiter ist der Chef, keine Frage, er muss das „Zugtier“ in diesem Zweier-Team sein. Aber es geht mit einfacheren und sensibleren Methoden als in der Dressur. Zum Beispiel, werden im Westernstil die Zügel immer lang und locker gehalten, außer man will etwas vom Pferd. Bei der Dressur, muss man über die Zügel immer Kontakt zum Maul halten und am besten 110% Kontrolle über alles haben. Das Pferd, steht bei der Dressur unter Dauerspannung und das ist alles andere als Pferdgerecht. Es grenzt an Sklaverei. 90% der in der Dressur berittenen Pferde, sind arme Geschöpfe.
Im Westernreiten ist man nicht Reiter und Sklave, man ist Partner. Wobei der Reiter trotzdem den Ton angibt, aber eben auf freundliche Ebene und auf einer Basis des Vertrauens.

Seht euch diese beiden Bilder an:


Was meint ihr? Welches der beiden Pferde ist glücklicher?

„Die hohe Kunst des Reitens“
Ich frage mich was von mehr „Kunst“ zeugt. Wenn man dem Pferd mit „Hilfen“ und Gerte zeigt wo es lang geht.... oder wenn man mit dem Pferd auf eine Art und Weise „kommuniziert“ die nichts mit „zwang“ und „Unterwerfung“ zu tun hat? Was denkt ihr?


Auf alle Fälle, habe ich hier nun einen gut gemeinten Rat den ich allen Reitern und vor allem allen Neuanfängern (besonders jene die gerade erst beschlossen haben das sie mit dem Reiten anfangen wollen) ans Herz legen möchte:

Denkt gut und gründlich darüber nach wo euer Ziel ist!
-Wollt ihr Erfolgreich mit dem Pferd sein und so viele Schleifchen und Pokale wie möglich einstecken?
-Sucht ihr die Nähe, den Kontakt zu diesen faszinierenden Tieren und wollt auf seinem Rücken die Natur genießen?

Wenn ihr dieses Frage mit einer von diesen zwei Antworten beantworten könnt, dann habt ihr eine Entscheidung gefällt und man ist schon ein gutes Stück weiter.

Ich empfehle aber besonders allen Neuanfängern, BEIDE Stile vorher einfach auszuprobieren. Oft merkt man erst in der Praxis was einem mehr liegt. Wenn ihr die Möglichkeit habt, nehmt von jedem Stil 3-4 Reiststunden und ihr werdet diese immensen Unterschiede kennen lernen. Dann gilt es eine feste Entscheidung zu fällen.
Ich für meinen Teil muss leider feststellen, dass ich die Jahre zuvor, viel Zeit und Geld in den für mich falschen Stil investiert habe. Ich war zusätzlich auch immer der Ansicht, dass ich mir beim erlernen des Westernstils später leichter tun würde, wenn ich mal den englischen Stil beherrsche. Leider ziemlich weit gefehlt! Das Umdenken, der beiden Stile ist verdammt schwer weil sie total unterschiedlich sind.
Verfallt also bitte nicht auch der Ansicht das ihr ja zuerst den einen Stil erlernen könnt und dann einfach den anderen, weil es euch dann leichter fällt. Macht nicht denselben Fehler wie ich, denkt also bereits im Vorhinein genau über die Sache nach.


Hier noch mal die kurzen Fakten beider Stile im Überblick:

Englischer Stil:
-streng, steif, stress
-totale Kontrolle über das Pferd
-Ziel: Erfolg und Leistung

Westernstil:
-locker, bequem
-Reiter und Pferd „kommunizieren“ auf Basis der Pferdesprache miteinander
-Ziel: Kontakt und Leben mit dem Pferd


Der Beitrag ist nun länger geworden als ich vorhatte, aber das musste ich an die Außenwelt lassen. ^-^ Ich nehme an, vielen von euch wird der Beitrag etwas brutal vorkommen, aber ich zähle zu den Menschen die ihr Herz auf der Zunge tragen und nichts von Schönrederei halten. Und was das wichtigste ist: Es sind Fakten!

Für mich selbst gilt: Ich kann leider nicht versprechen "nie wieder" im englischen Stil zu reiten (leider wird dieser Stil viel häufiger angewandt) Aber, ich werde es vermeiden so gut es geht.

Bevor ich nun meinen Beitrag hier beende, noch eine abschließende und alles entscheidende Frage an alle Reiter und alle die damit anfangen wollen:

Was ist das Pferd für euch? Als was seht ihr es an?
Ist es: Sklave oder Partner?

(Ich hoffe ich konnte mit diesem Einblick ein paar der Leser eine Hilfe bei ihrer Entscheidung sein)

Lg, eure Rave

1 Kommentar:

  1. Und wieder mal habe ich ganz vergessen, dass du richtig reiten kannst >.< Und da nenne ich mich Freundin T.T

    Ehrlich gesagt, höre ich ja eher zu den Leuten, die sich ein Pferd lieber mal im Fernsehen anschauen als selbst davor zustehen (geschweige denn drauf zu sitzen T.T)
    So habe ich das Dressurreiten auch nur im TV mal gesehen. Aber es gefällt mir einfach nicht nicht >.< Nenne mich Kunstbanause, aber ich weiß nicht was daran so schön sein soll.
    Darum hat es mich so gewundert als ich hörte, dass Pferde eigentlich von Natur aus gar nicht springen. Dabei sieht man das doch immer im Fernsehen. Jetzt wo du das auch schreibst, bin ich wohl doch nicht blemblem xD

    Ich freue mich, dass du nun für dich raus gefunden hast, was reiten bedeutet.
    Mich werden wohl "keinen 10 Pferde" dazu bewegen können. Aber vielleicht mag es meine Tochter und dann schauen wir uns den kleinen Reiterhof im Nachbardorf mal an ^^

    Viel Spaß noch beim Reiten
    (deine Email habe ich bekommen, danke ^^)
    Deine Hotaru^^

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